Im Gespräch mit Bindeprofi Holger Lachmann - The One Fly

 

The One Fly - Die eine Fliege

Holger Lachmann ist seit vielen Jahren ein prominentes Gesicht in der internationalen Fliegenbinde-Szene und vielen nicht nur wegen seines Blogs ‚The One Fly‘ bestens bekannt. Wir haben mit Holger über seine Passion gesprochen und uns einige Tipps zum Binden von Trockenfliegen, Nymphen und Streamern geholt.

 


adh-fishing: Hallo Holger! Du hast sehr früh mit dem Fliegenfischen und auch mit dem Binden von eigenen Fliegen begonnen. Wie kam es dazu?

 

Holger Lachmann: Hi Alex! Da mein Vater Angler ist, war ich seit ich laufen kann am Wasser mit dabei. Mit 12 Jahren fand ich auf einmal das Fliegenfischen interessant. Das war etwas völlig anderes und auch etwas „exotisches“, da dies bei uns im Verein eigentlich so gut wie keiner machte. Mein Vater hatte eine kleine Box mit Fliegen und die habe ich zuerst genutzt. Als diese immer weniger wurden, fing ich mit dem Binden an. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich mir bis zum heutigen Tag nicht eine Fliege gekauft. Der erste Fisch auf Fliege, eine ca. 25cm große Bachforelle an einer Bachmündung der Weser, machte mich süchtig. Dieser unmittelbare Kontakt mit dem Fisch war einfach faszinierend.

 

adh-fishing: Du bist vielen Fliegenfischern von internationalen Shows und Messen und natürlich durch deinen tollen Blog ‚The One Fly‘ und durch deine Social Media Präsenz bekannt. ‚Die eine Fliege‘ … warum dieser Name? Gibt es die eine Fliege für dich?

 

Holger Lachmann: Die „eine“ Fliege ist immer die, die wir gerade am Vorfach haben. In die wir unser Vertrauen setzen, von der wir uns Erfolg erhoffen. Jede Fliege kann also „the one fly“ sein.

Holger Lachmann

The One Fly - Die „eine“ Fliege ist immer die, die wir gerade am Vorfach haben

 

adh-fishing: Auf deinem Blog und auf deinem Instagram Account stellst du regelmässig neue Muster und eigene Kreationen vor. Woher holst du dir deine Inspiration und wer hat dich auf deinem Weg geprägt?

 

Holger Lachmann: Inspiration kommt von überall her. Ideen am Wasser, Fotos in den Medien, von anderen Bindern, von anderen Ködern. Mit offenen Augen unser schönes Hobby wahrnehmen - dadurch hat man eine unerschöpfliche Quelle an Inspiration. Geprägt haben mich besonders drei Personen: Karl-Heinz Golüke, welcher mich in jungen Jahren immer mit zum Fliegenfischen und zu Messen genommen hat. Er zeigte mir das Werfen, die Grundzüge des Bindens und viel Taktik. Mit ihm fuhr ich auch das erste Mal zum Meerforellenfischen. Ich verdanke ihm sehr viel. Marc Petitjean, da seine Fliegen und seine innovativen Ideen mich seit jeher begeistert haben. Im Laufe der Zeit hatte ich das Vergnügen Marc öfters auf Messen zu treffen und auch Schulter an Schulter mit ihm zu binden. Er ist einer der nettesten Menschen, die ich in der „Szene“ kennenlernen durfte. Ein absolutes Vorbild. Andy Weiss, er begeisterte mich durch seine kreative Art und die Fähigkeit außerhalb der Box zu denken. Er half mir auch sehr in der Welt der Messen und Shows den richtigen Weg zu gehen.



adh-fishing: Für einige Fliegenfischer ist das Binden eine Notwendigkeit. Zum Fischen benötigen sie eine gut sortierte Dose bewährter Grundmuster. Andere hingegen verbringen viele, viele Stunden am Bindestock und lassen ihrer Kreativität dort freien Lauf. Wie sieht deine Fliegendose aus? Probierst du jede neue Fliege auch am Wasser aus?

 

Holger Lachmann: Ich versuche es zumindest. Wenn ich zum Beispiel eine Idee für eine Meerforellenfliege habe, ich aber in absehbarer Zeit nicht an die Küste komme, schicke ich diese dann durchaus mal Bekannten an der Küste zu. Mit der Bitte offen zu sagen, wenn etwas nicht so funktioniert wie von mir gedacht. Konstruktive Kritik ist immer willkommen! Ich habe Grundmuster, denen ich vertraue, welche ich aber auch immer mal wieder gerne ein wenig verändere und „pimpe“. Mal zum Besseren oder zum Schlechteren :) Hinzu kommen dann neue Fliegen, von denen ich mir guten Erfolg verspreche.  Grundsätzlich binde ich Fliegen zum Fischen. Die Fliegen sollen an erster Stelle dem Fisch gefallen und wenn ich sie dann auch noch gut finde, habe ich umso eher Vertrauen.

 

Holger Lachmann

Die Fliegen sollen an erster Stelle dem Fisch gefallen - Holger Lachmann

 

adh-fishing: Täglich werden tausende Muster auf Facebook und in anderen Sozialien Netzwerken zur Schau gestellt. Woran machst du persönlich eine ‚gute‘ Fliege fest? Wann erweckt eine Fliege deine Aufmerksamkeit und gibt es Kriterien für die Qualität einer Fliege?

 

Holger Lachmann: Fliegen, bei denen sofort der Gedanke „DIE FÄNGT!!!“ durch den Kopf zischt, die sauber und handwerklich gut gebunden sind, das sind für mich gute Fliegen. Es gibt so viele großartige Binder in dieser Welt. Immer wieder tauchen Muster auf, die mich begeistern und wo ich mich frage „wie hat er das gemacht?“. Im Laufe der Jahre hat man ein gewisses Auge dafür bekommen, ob eine Fliege gut gebunden ist, oder ob sie am Wasser Probleme machen wird, weil sich z.B. der weiche Schwanz dauernd beim Werfen um den Hakenbogen legt und die Fliege dadurch nicht richtig laufen wird.

 

adh-fishing: Du hast dich nicht auf eine bestimmte Gruppe von Fliegen spezialisiert, sondern du bist ein echter Allrounder und präsentierst Trockenfliegen, Nymphen, Meerforellenfliegen und Streamer für Raubfische. Aber welche Fliegen bindest du am liebsten?



Holger Lachmann: Alle! Diesbezüglich bin ich furchtbar. Heute binde ich mit Wonne eine Nymphe und morgen habe ich nur Hechtstreamer im Kopf, übermorgen dann Trockenfliegen.
Es hängt auch viel vom Fisch ab, der mir im Kopf herum spukt. Wenn ich weiß, dass bald eine Meerforellentour ansteht, binde ich natürlich am liebsten Meerforellenfliegen. Wenn die Saisoneröffnung der Forelle näher rückt binde ich mehr Nymphen und Trockenfliegen. Da kommt der Fliegenfischer durch.

 

Holger Lachmann

Vielseitige Baitfish-Streamer von Holger Lachmann

 

adh-fishing: Persönlich gefallen mir deine Trockenfliegen besonders gut. Du arbeitest gerne mit den Produkten von Whiting und bindest wunderschöne Hechelfliegen - sowohl im Parachute Stil als auch klassisch. Hast du einen Tipp für die Arbeit mit Hahnenhecheln?

 

Holger Lachmann: Hier macht sich Qualität wirklich bezahlt. Whiting hat definitiv die Hecheln in der besten Qualität. Wenn ich für eine Parachute zum Beispiel nur 2 oder 3 Hechelwindungen machen muss anstatt 5, sieht das nicht nur besser aus, es macht die Fliege auch stabiler und sie schwimmt besser. Zudem fällt das Binden einfacher. Ich bin ein Fan dünner GSP (Dyneema) Bindefäden in der Stärke 30D und 50D. Mehrere Windungen dünnen Fadens halten einfach besser als wenige Windungen mit einem dicken Faden. Zudem kann mit hoher Zugkraft gebunden werden.

 

Holger Lachmann

Hochwertige Federn erleichtern das Binden

 

adh-fishing: Neben einigen traditionellen Nymphenmustern und Interpreationen klassischer Muster sieht man bei dir in den letzten Jahren vorallem auch sehr moderne Nymphen, wie sie z.B. beim Euro Nymphing gerne verwendet werden. Woher kommt dieses Interesse?

 

Holger Lachmann: Das ist schnell erklärt – sie sind super effektiv. Meist sehr schnell zu binden und fangen zuverlässig ihre Fische. Ich werfe persönlich unheimlich gerne und liebe die Flugschnur in der Luft, aber das moderne Nymphenfischen eröffnet teilweise völlig neue/andere Möglichkeiten. Daher ist es eine tolle Komponente der Fliegenfischerei. Um sich in die Materie „einzufuchsen“ sei an dieser Stelle jedem das Buch „Nymphenfischen – Geheimisse entlarvt“ zu empfehlen!

 

adh-fishing: Du fischst selber viel mit der Nymphe. Was zeichnet eine fängige Nymphe für dich aus und worauf sollte man beim Binden von Nymphen unbedingt achten?

 

Holger Lachmann: Eine Nymphe sollte die Tiefe in der ein Fisch frisst zügig erreichen, aber nicht unnötig schwer sein, so dass sie sich so natürlich wie möglich in der Wassersäule bewegt, bzw. von der Strömung mitgeführt wird. Zudem sollten Nymphen nicht zu „pummelig“ gebunden sein. Das natürliche Insekt ist meist recht schlank und eine dünne Nymphe sinkt auch zügiger als eine füllige Nymphe.

Holger Lachmann

Schlanke Tungsten Jig Nymph

 

adh-fishing: Du bist nicht nur leidenschaftlicher Fliegenbinder, sondern auch ein aktiver Angler. Wenn du dich entscheiden müsstest: Rute oder Bobbin?



Holger Lachmann: Wenn ich mich mit dem Messer auf der Brust entscheiden müsste, würde ich ganz klar die Rute wählen. Aber ich sehe das Erlebnis Fliegenfischen als Gesamtkonzept, dazu gehört Fischen, Binden, Werfen, ggf. Rutenbau, Literatur, … Es gibt so viele spannende Facetten des Fliegenfischens.

 

adh-fishing: Eines deiner Hausgewässer ist die Weser. Dort fischst du beispielsweise auf Rapfen. Aber man sieht dich auch auf Hecht, Forelle oder Meerforelle. Worauf kommt es für dich bei einem Binden eines Streamers für die Praxis an und was sind deine Lieblingsmaterialien?

 

Holger Lachmann: Ein guter Streamer muss sich bestmöglich im Wasser bewegen und darf sich auch bei weiten Würfen nicht vertüddeln. Dies in Einklang zu bringen ist nicht immer einfach, aber eine spannende Herausforderung. Generell bin ich ein Freund von relativ weichen Materialien. Nayat ist perfekt für größere Fliegen, denn es ist robust, bewegt sich aber super im Wasser. Die meisten Arten von Craft Fur sind ebenfalls klasse für Streamer. Marble Fox ist ein sehr schönes Material. Natürliches Haar bewegt sich unter Wasser hervorragend und behält mehr Volumen als z.B. Marabou. Gerade in stärkerer Strömung.

Holger Lachmann

Nayat ist ein vielseitiges Bindematerial für große Streamer

 

adh-fishing: Du bindest sehr viel mit den Haken von Ahrex. Was zeichnet die Modelle der Dänischen Firma für dich aus und welche Haken verwendest du besonders gerne?



Holger Lachmann: Es sind einfach Haken, die exakt für die heimische Fischerei passen. Zudem hat Ahrex auch mal den Mut Hakenmodelle herzustellen, die in der Art noch nicht im Handel erhältlich waren, den Markt aber sehr bereichern. Besonders gern nutze ich den NS 110, NS 122 und den TP 605 - super Haken für alle Arten von Streamern für Forelle, Rapfen, Barsch und Meerforelle. Für Hecht sind der TP 605 und der PR 350 in 4/0 und 6/0 genial. Bei Nymphen und Trockenfliegen nutze ich die ganze Bandbreite der Freshwater-Serie, je nachdem welches Insekt ich imitieren möchte.

 

adh-fishing: Alle paar Tage präsentierst du eine neue Fliege auf deinem Blog oder Instagram. Gibt es auch Fliegen, die so gut sind, dass du sie für dich behälst? Würdest du jeden in deine Fliegendose schauen lassen? Es soll ja Fliegenfischer geben, die da sehr eigen sind :)

 

Holger Lachmann: In meine Boxen kann jeder schauen. So eine Geheimniskrämerei ist idiotisch. Ich finde es doch auch klasse, wenn andere ihre erfolgreichen Muster zeigen und ihre Erfahrungen teilen. Es ist schön, wenn ich jemanden inspirieren konnte und dieser mit einem meiner Muster einen tollen Fisch fängt. Besser geht es doch nicht.

 

adh-fishing: Du beschäftigst dich intensiver mit dem Fliegenbinden als die meisten von uns und verbringst viel Zeit am Bindestock. Wie sieht dein Bindeplatz aus und auf welche Tools und welche Materialien könntest du auf keinen Fall verzichten?

 

Holger Lachmann: Ich denke mal so wie bei den meisten. Bindestock, Schüssel für die ganzen Kleber und Lackflaschen, ein massiver Toolcaddy aus Holz für alle Werkzeuge, ein Abfalldose aus Kunststoff und eine helle LED-Lampe. Wenn ich kreativ bin ist der Tisch auch voll mit Tüten von Bindematerialien, denn ich springe gerne von einer Midge zu Hechtfliegen und entsprechend viele Materialtüten liegen dann auf dem Tisch. Ich könnte schlecht auf einen guten Bindestock verzichten, der wirklich jeden Haken bombensicher hält. Nichts ist schlimmer, als wenn der Haken während es Bindevorgangs anfängt im Bindestock zu rutschen. Und ich möchte meinen alten Whip Finisher nicht missen. Ein ganz billiges Tool, welches ich bestimmt schon 20 Jahre habe und auch mehrmals reparieren musste. Ich arbeite mit ihm aber immer noch am liebsten.

 

adh-fishing: Immer wieder kommen neue Bindematerialien auf den Markt. Welche Materialien haben dir in der jüngsten Vergangenheit besonders gut gefallen?

 

Holger Lachmann: Die Vielfalt an neuen UV-Klebern wie z.B. die von Gulff. Generell der Trend, dass es mehr UV-aktive/fluo Materialien gibt finde ich gut. Nayat ist mittlerweile in einer super Qualität erhältlich. Es gibt immer mehr verschiedene Materialien und die Qualität ist meist auch besser als früher.

Holger Lachmann

UV Kleber hat das Fliegenbinden stark bereichert

 

adh-fishing: Herbst und Winter bieten die beste Gelegenheit zum Start ins Fliegenbinden. Es wird weniger gefischt und die Abende sind lang. Welche wichtigen Tipps möchtest du einem Anfänger mit auf den Weg geben?

 

Holger Lachmann: Weniger ist mehr! Zum Beispiel lieber einen dünneren Dubbingkörper ein wenig ausbürsten anstatt eine dicke Dubbing-Nudel auf den Haken zu winden. Gerade bei Hechtfliegen sollte dass Ziel sein Volumen ohne viel Material zu erreichen. Sonst hängt der Streamer wie eine nasse Socke im Wasser und lässt sich schlecht werfen. Immer mit Spannung! Dann ist es sehr wichtig immer mit der höchstmöglichen Fadenspannung zu arbeiten. Wem nicht ab und zu der Faden reißt, der macht was falsch. Dünne GSP-Fäden helfen oft dabei, dass gerade kleinere Fliegen eine gute Silhouette behalten und Kopfknoten nicht unnötig groß werden. Qualität zahlt sich aus! Gerade bei Naturprodukten lohnt es sich auf gute Qualität und nicht nur auf den Preis zu achten. Das erleichtert das Binden ungemein. Bestmöglich binden! Fünf sauber gebundene Fliegen sind besser als zehn „hingeschlurrte“, die man am Ende doch nicht fischt, weil sie einem nicht mehr gefallen. Und natürlich: Spaß beim Binden haben und sich nicht entmutigen lassen, wenn etwas beim ersten Mal nicht klappt! :)



adh-fishing: Vielen Dank für deine Tipps und das unterhaltsame Gespräch, Holger! Viel Spaß und Erfolg am Bindestock - und am Wasser!

 

Mehr Fliegen von Holger Lachmann findet ihr auf seinem Instagram Account, auf seinem Blog 'The One Fly' und auf seinem YouTube Kanal.

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